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07.05.2015

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Oktoberfest Attentat vom 26.09.1980 – Strategie der Spannung?

[MH]

-Teil 1-



Die aktuellen Geschehnisse (nicht zuletzt der „German-Wings-Zwischenfall“ und im Jahre 2014 die Geschichte um MH17) haben in weiten Teilen der Bevölkerung für Fragen gesorgt, deren Beantwortung durch die offizielle Berichterstattung nicht möglich ist, ja man kann sagen: geradezu verweigert wird.
Wie in vielen Fällen mit höherer medialer Präsentierbarkeit oder politischer Brisanz, wurden auch in den jüngsten Geschehnissen Täter oder Schuldige sehr schnell ausgemacht, lange bevor eine objektive Untersuchung möglich war und in der Folge auch kaum möglich sein wird. Der Druck in eine (vor-?)bestimmte Ermittlungsrichtung wird medial so hoch geschraubt, dass die simple Beschäftigung mit anderen möglichen Thesen  mit allen greifbaren Etiketten, einem Totschlagargument gleich, in den Bereich des Unseriösen gerückt wird.
Immer wieder auftauchende Parallelen zu geschichtlichen Ereignissen der letzten Jahrzehnte werden nicht angesprochen. Die Versuche größere Zusammenhänge zu erkennen, werden in vielen Fällen über Jahrzehnte als „Verschwörungstheorie“ gebrandmarkt. Dass die Praxis der (nennen wir sie mal so) „Verschwörer“ viel weiter reicht, als manche These der Verschwörungstheoretiker, ist nicht zuletzt durch die hervorragende Arbeit des Schweizer Historikers Daniele Ganser bekannt. [1]

In seinem Buch „NATO-Geheimarmeen in Europa“ packt er ein bis dato gerne verschwiegenes Thema an: Staatsterror.
Und hier spielt die Strategie der Spannung eine entscheidende Rolle.
Denn auch im Jahre 1980 stellte man sich bereits zu Beginn der Ermittlungen um das Oktoberfest-Attentat Fragen, die weit über die Einzeltäter-These hinaus gehen.
Wie weit diese Fragen beantwortet werden können, bleibt zu erwarten, denn trotz der 2014 wieder aufgenommenen Ermittlungen über das Oktoberfest-Attentat und den seit Jahren immer wieder diskutierten Verbindungen zu Geheimdiensten, paramilitärischen und rechtsradikalen Gruppierungen und gigantischen Waffenarsenalen, gilt in weiten Teilen der Bevölkerung Deutschlands die Einzeltäter-These.
Auch aktuelle Geschehnisse um den BND/NSU-Skandal, sowie die deutlichen Ungereimtheiten im Falle NSU, lassen eine erneute Betrachtung des 26. September 1980 zu, ja verlangen es geradezu.
Allein die offizielle Version des Anschlages in München lässt eine Menge Raum für Spekulationen. Spekulationen allerdings, die in heutiger Zeit der Wahrheit vielleicht näher kommen könnten, als den meisten von uns lieb ist.

An dieser Stelle möchte ich mich daher größtenteils auf die Fragen konzentrieren, die die offizielle Erklärung der Geschehnisse vielleicht aufwerfen und die vielleicht sogar Parallelen zu jüngsten Ereignissen kennzeichnen.
Sicherheitshalber sei angemerkt, dass diese Parallelen zu Ereignissen jüngster Zeit und lebenden bzw. toten Personen natürlich nur rein zufällig zu verstehen sind. Jede Ähnlichkeit ist daher nicht beabsichtigt, sondern das Ergebnis reiner Spekulation, auch wenn diese realer zu sein scheint, als man sich wünscht!


Offizielle Version des Anschlages

Am 26.09.1980  detonierte um 22:19 eine Bombe im Papierkorb nahe des Haupteingangs des Oktoberfests. 13 Menschen starben, 211 wurden verletzt, 68 davon schwer. Es stand eine Woche später die Bundestagswahl an. Motto des Wahlkampfes der SPD unter Helmut Schmidt war „Sicherheit für Deutschland“.

Franz-Josef Strauß, der damalige bayerische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der CSU gab einen Tag später dem damaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum eine Mitschuld am Attentat, da dieser die Sicherheitsdienste demoralisiert habe. Franz-Josef Strauß hatte die rechtsextreme „Wehrsportgruppe Hoffman“ (WSG) zuvor als „ein paar Spinner und Verrückte“ verharmlost und ein Verbot als „unverhältnismäßig“ kritisiert.

Das bayerische LKA bildete die Sonderkommission „Theresienwiese“. Ermittler fanden nahe dem Explosionszentrum den Personalausweis von Gundolf Köhler, sowie seinen Studentenausweis.
Gundolf Köhler war als Anhänger der Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) den Behörden bekannt.

Der Generalbundesanwalt Kurt Rebmann übernimmt die Leitung der Ermittlungen daraufhin, wegen des begründeten Verdachts einer terroristischen Gruppentat.

Aus den Schlussberichten vom 13.05.1981 der Sonderkommission „Theresienwiese“ und vom 23.11.1982 durch die Bundesstaatsanwaltschaft ging folgendes hervor:
Weder in Köhlers PKW, noch in seinen Wohnräumen konnten Sprengstoffspuren sichergestellt werden.

Am 27.09.1980 wollten vier ehemalige WSG-Mitglieder einen LKW-Konvoi ins Ausland bringen.  Sie wurden neben 16 weiteren WSG-Mitgliedern festgenommen und verhört.
Eine Adressenliste Hoffmanns, die bei dieser Maßnahme bei einem Mitglied entdeckt wurde, enthielt den Namen Gundolf Köhler und den Vermerk, dass dieser an zwei Wehrsportübungen teilnahm und mit der WSG in Kontakt stand.

Die Ermittler hielten es dennoch für erwiesen, dass es sich bei Gundolf Köhler um einen Einzeltäter handelt, dessen Motiv Beziehungsprobleme und Misserfolge in der Ausbildung gewesen sein sollen, was sie auf die Aussagen eines Schulfreundes von Köhler stützen. Demnach soll Köhler die Bombe selbst gebaut und am Tatort abgelegt haben. Über die Zündung ist man sich uneinig, man vermutet eine Zündschnur. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Sprengsatz zu früh zündete.


Erste Zweifel gleich zu Beginn der Ermittlungen

Von Beginn an gab es Hinweise durch Zeugenaussagen auf mögliche Mittäter.

Frank Lauterjung, als einer der Zeugen, gab in mindestens fünf Befragungen an, Köhler 30 Minuten vor der Explosion mit zwei Männern nähe des Tatortes angeregt unterhalten gesehen zu haben. Köhler habe eine weiße Plastiktüte mit einem zylinderförmigen und schweren Gegenstand getragen und einen kleinen Koffer. Er habe gesehen, wie Köhler die Tüte in einen Papierkorb stellte. Dann sei die Bombe explodiert. Weitere Zeugen bestätigten, sie haben nach der Explosion wenige Meter entfernt einen kleinen Koffer gesehen. Dieser blieb jedoch unauffindbar.

1982 starb Frank Lauterjung im Alter von 38 Jahren plötzlich an Herzversagen.

2010 wurde bekannt, dass Frank Lauterjung Mitglied und Standortführer beim „Bund Heimattreuer Jugend“ war und dort wegen des Verdachtes als „Provokateur des Verfassungsschutzes“ ausgeschlossen.
Ermittler gingen davon aus, er könne einen Behördenauftrag gehabt haben, Köhler zu beschatten. Den Hinweisen auf eine mögliche Mittäterschaft und eigene Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen wurde jedoch nicht nachgegangen.

Heinz Lembke, ein rechtsextremer Waffenexperte, gestand, den „Deutschen Aktionsgruppen“ militärischen Sprengstoff und Zünder gezeigt und auch angeboten zu haben, sie im Gebrauch auszubilden. Die Waffendepots, von denen er sprach und die zu einer Hausdurchsuchung ohne Ergebnis führten, wurden nicht weiter gesucht. Ein Zufallsfund brachte im Oktober 1981 mit anschließender Festnahme Lembkes und einem Geständnis 20 Waffendepots (an anderer Stelle ist von 33 Waffendepots die Rede) zu Tage. Ein letztes Depot hatte er nie verraten.

Heinz Lembke beging im November 1981 Selbstmord, einen Tag bevor er Auskunft über weitere Kontakte und Ausbildung von rechtsextremen Gruppen im Umgang mit Sprengstoff geben konnte. Einer Verbindung zum Oktoberfest-Attentat ging man nicht nach. Auch das Anlegen der Waffendepots wurde als Tat eines Einzelgängers betrachtet, der Angst vor einer Sowjetischen Invasion hatte.


Wiederaufnahme der Ermittlungen

Am 11.12.2014 ordnete Generalbundesanwalt Harald Range die Wiederaufnahme der Ermittlungen an. Grundlage sei laut Presseberichten die Aussage einer Zeugin, die seinerzeit nicht ernst genommen worden wären. [2]


Parallelen zu anderen Ereignissen reiner Zufall?

Der Einfachheit halber und nicht zuletzt um die Vorstellungskraft für etwaige Parallelen zu Ereignissen späteren Zeitpunktes nicht zu beeinflussen, werden an dieser Stelle nur einige Aspekte noch einmal zusammengefasst. Ob und wie weit diese von Bedeutung sind und sich in ein größeres Schema einordnen lassen, mag man selbst entscheiden.


- Mitten in der heißesten Phase des Wahlkampfes, der mit „Sicherheit für Deutschland“ seitens der SPD angeführt wurde, verrichtet jemand ein Attentat, dessen Schuldiger innerhalb kürzester Zeit bei linken Gruppen gesucht wurde.

- Verharmlosung rechter Wehrsportgruppen im Vorfeld des Attentates durch Franz-Josef Strauß

- Verbindungen des FJ Strauß zu rechtsradikalen und paramilitärischen Gruppen, denen er sechsstellige Beträge aus BND-Arsenalen zukommen ließ. [3]

- Die Ermittlungen gingen keinen Nachweisen nach, die auf Täter aus dem rechten Spektrum hinweisen. Vorhandene Verbindungen wurden mit der Einzeltäter-Erklärung völlig ignoriert. Und das obwohl der Generalbundesanwalt von Beginn an eine terroristische Gruppentat nicht ausgeschlossen hatte.

- Weder wurde im Wagen des Köhler Sprengstoff-Spuren gefunden, noch in seinen von ihm genutzten Räumen. Die Bombe soll aber aus seiner Fabrikation stammen, wie der Abschlussbericht hergibt.

- Am Tatort wurde ein Personalausweis und der Studentenausweis des Attentäters Köhler gefunden.

- Einige Zeugen sterben plötzlich kurz vor ihrer Aussage oder kurz nachdem sie wichtige Details lieferten und Verbindungen offenbarten.

- Hinweisen auf Verbindungen zum Verfassungsschutz durch die Person Frank Lauterjung und die Observation der WSG exakt 22 Stunden zuvor beginnend, werden nicht nachgegangen. [4]

- Hinweisen auf Verbindungen zu einer paramilitärischen und offensichtlich übernationalen Gruppierung wurden nicht nachgegangen.

- Zeugenaussagen die auf eine solche Gruppe hinwiesen, wurden ignoriert. Ebenso alle Zeugenaussagen, die auf mehrere Täter hinwiesen.

- Zeugenaussagen über einen kleinen Koffer laufen ins Leere. Der Koffer ist verschwunden.

- 1997 hatte das Bundeskriminalamt sämtliche Beweise vernichtet, die einer erneuten DNA-Analyse im Jahre 2010 unterzogen werden sollten. Grund: der Fall sei abgeschlossen. Unter den vernichteten Asservaten waren 47 Zigarettenkippen verschiedener Marken mit und ohne Filter aus Köhlers Wagen, sowie Teile einer abgerissenen Hand, die nicht zugeordnet werden konnte und verbliebene Bombensplitter.


Nun, wir dürfen gespannt sein, wie die Ermittlungen laufen werden. Dass die Behörden erneut vor denselben Schwierigkeiten stehen, wie vor fast 35 Jahren, ist außer Zweifel. Eine abschließende Bewertung über die wahren Geschehnisse des 26. September 1980 dürfte in Zusammenhang mit der NSU/BND/NSA-Affäre ein ganz neues Licht auf die demokratischen Strukturen der letzten Jahrzehnte werfen.

Bis dahin bleibt es bei der offenen Frage: Wie viel wussten die bundesdeutschen Behörden bereits vor dem Anschlag und wie weit waren die Geheimdienste an der Ausführung beteiligt?


Quellen

[1] NATO-Geheimarmeen in Europa: Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung. Orell Füssli, Zürich 2008, ISBN 978-3-280-06106-0

[2] Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Oktoberfestattentat

[3] ZDF Kennzeichen D https://www.youtube.com/watch?v=ukoLY4LOBSE

[4] Tobias von Heymann - „Die Oktoberfestbombe“; Nora Verlag, ISBN 3865571719



 

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