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mahnwache-sb
(27 Posts bisher)
04.08.2014 00:46 (UTC)[zitieren]
Quelle: http://youtu.be/iHlc3k3deAM

ÜBER DIE FREIHEIT DER PRESSE

Der Journalist Harald Schumann erhielt 2010 in Berlin
den Journalistenpreis "Der lange Atem", für seinen langen Atem
bei der Analyse der Banken- und Finanzkrise.

Während seiner Dankesrede nutzte er die Gelegenheit, um auf die
Bevormundung von Journalisten in deutschen Redaktionen,
und die Meinungsmache gegenüber der Leser hinzuweisen:

- Zitat -

"Es geht um einen wichtigen Punkt der Pressefreiheit,
die in Deutschland fast nie zur Sprache kommt,
und zwar: die innere Pressefreiheit in den Redaktionen.

Die ist nämlich keineswegs überall gegeben.

Ich habe das ja nun am eigenen Leib über viele Jahre
beim Spiegel mitgemacht, aber ich weiß das auch
aus anderen Redaktionen.

Es ist nicht so, dass wenn der Redakteur oder der Reporter,
der eine Sache recherchiert hat und etwas für richtig
oder für falsch erkannt hat, dass das dann automatisch
auch genauso im Blatt erscheint.

Sondern es kommt immer noch sehr häufig vor,
dass Kollegen, die hervorragende Arbeit gemacht haben,
die hervorragend schreiben und recherchieren,
nicht das schreiben dürfen und können,
was eigentlich der Wahrheit entspricht.

Sondern es wird zurechtgebogen, kleingemacht, zurechtgekürzt,
wenn es den jeweiligen Gesinnungen, Absichten
und Interessen ihrer Vorgesetzten nicht entspricht."

- Zitat Ende -


Im Interview erklärt er seine Kritik an der inneren Pressefreiheit:

- Zitat -

Schumann:
Es gibt häufig politische und wirtschaftliche Interessen
von Chefredakteuren und Verlegern.
Und die werden von oben nach unten durchgestellt.
Und viele Kollegen werden gezwungen, sich dem zu beugen.

Moderator:
Können sie da Beispiele nennen? Sie haben kurz angedeutet,
dass sie beim "Spiegel" ihre Themen gar nicht mit der
nötigen Würdigung empfunden haben.

Schumann:
Es ging nicht um Würdigung. Ich durfte ab 1999
zu allen Themen der politischen Ökonomie de-facto
nicht schreiben.

Moderator:
Mit welcher Begründung?

Schumann:
ja pff ... zu kritisch, zu links, nicht angepasst genug.
Das wurde nicht begründet! Sondern ich bekam einfach,
wenn ich die Themen vorschlug, die Aufträge nicht.
Und dann kann ich garnicht anfangen.

Moderator:
Haben sie eine Theorie, warum der Spiegel auf ihren
Sachverstand verzichtet hat? - Denn, nach der Bankenkrise
gab es doch einen riesengroßen Reporter-Bericht,
wo viele versucht haben, den Crash zu rekonstruieren.

Schumann:
Naja die Geschichte war anders. Ich hab ja beim Spiegel gekündigt.
Insofern hatte die Chefredaktion des Spiegel nicht die Wahl,
auf mich zu verzichten oder nicht.
Ich wollte ja dort nicht mehr arbeiten.
Das war ein anderer Konflikt: Da ging es nicht um dieses Thema,
sondern um die Energiepolitik. Und der damalige Chef-Redakteur
hatte privat ein Interesse, gegen Windkraft zu sein,
weil es seine Pferdezucht im Landkreis Stade bedrohte.
Und deswegen sollte von da an
der ganze Spiegel gegen Windkraft sein.

Und eine Geschichte,
die von mir und einem Kollegen recherchiert war,
wurde dann letztlich mit dieser Begründung nicht gedruckt.
Stattdessen erschien eine Anti-Windkraft-Titelgeschichte,
die so haarsträubend falsch und manipuliert
und mit gefälschten Fotos und gefälschten Zitaten war,
dass ich gedacht habe: das ist nicht mehr meine Zeitung.
Deswegen hab ich damals gekündigt.

Moderator:
Aber sie sagen schon, dass diese innere Pressefreiheit
ein Phänomen ist, das nicht nur ein Einzelfall ist,
sondern dass das ein Problem ist ...

Schumann:
Das ist …
- Das muss man wirklich offen sagen! -
Das ist in der deutschen Presse Gang und Gebe!
Dass Chef-Redakteure oder Ressort-Leiter
ihren Untergebenen sagen, wie sie zu denken haben!
Dass Vorgaben gemacht werden, was sie
recherchieren dürfen und was nicht!
Und dass viele junge Kollegen daran gehindert werden,
überhaupt kritische Journalisten zu werden,
weil ihre Vorgesetzten das gar nicht wollen!

Moderator:
Sie nehmen ausdrücklich die
öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht aus. Warum?

Schumann:
Weil ich genügend Kollegen aus öffentlich-rechtlichen Anstalten
kenne, die mir genau solche Geschichten berichtet haben, und
mir das 100-fach bestätigt haben.
Also insofern: Die sind da nicht auszunehmen.

Moderator:
Was würden sie denen raten,
die genau unter diesem Druck leiden, den Sie verspürt haben?

Schumann:
Also wenn man gegen den Strom Schwimmen will ...
Man muss besser sein als die anderen. Das heißt
man muss viel mehr wissen, muss viel mehr lesen,
und mit mehr Leuten reden.
Das ist die erste Voraussetzung.

Die zweite ist: Wenn man es aktuell nicht verwerten kann,
weil die Verhältnisse es nicht zulassen,
soll man sich möglichst Ventile an anderer Stelle suchen,
damit man die Information verarbeiten kann.
Weil man kann ja nicht dauernd nur aufnehmen, ohne
es wieder loszuwerden. Das geht nicht. Dann kann man
irgendwann nicht mehr weitere Information verarbeiten.
Aber es gibt viele Möglichkeiten. Man muss ja nicht immer nur
in seiner eigenen Zeitung Artikel schreiben.
Man kann ja auch mal woanders was veröffentlichen.
Oder ein Buch machen. oder Vorträge halten.
Und so bleibt man an Deck.

- Zitat Ende -

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